"Besonders herausforderndes Verhalten" oder "Selbst- und Fremdgefährdung" sind die Fachbegriffe, die ein größer werdendes Problem bezeichnen: psychisch kranke Kinder und Jugendliche oder junge Menschen mit Behinderungen, die eine hohe Aggressivität zeigen. Die Caritas in Niedersachsen sieht Handlungsbedarf, weil für diesen Personenkreis die Hilfeangebote oft nicht passen.
Johannes Buß, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Caritaseinrichtungen der Behindertenhilfe Niedersachsen, formuliert das so: "Uns begegnen immer mehr junge Menschen, die große Probleme haben, ihr Verhalten selber zu steuern. Das zeigt sich dann oft in aggressivem Verhalten gegen sich selber oder gegen andere Menschen." Den Betroffenen könne geholfen werden, so Buß: "Wenn sie fachlich gut begleitet werden, können wir viel Leid verhindern."
Johannes Buß, der auch Direktor des Caritasverbandes für die Diözese Osnabrück e.V. ist, beobachtet mit Sorge, dass fehlende Hilfe fatale Konsequenzen haben kann: "Vor wenigen Tagen ging durch die Medien, dass der Maßregelvollzug in Hamburg ausgebaut wird." Dort werden Menschen untergebracht, die Straftaten begehen, weil sie psychisch krank sind. "Die Zahlen der Verurteilten wachsen drastisch. Das macht mir Sorgen. Die Caritas setzt sich dafür ein, dass wir als Gesellschaft nicht nur am Ende des Dramas handeln, sondern dass wir uns mit aller Kraft bemühen, ein Drama möglichst zu verhindern!"
Dafür, so Buß, brauche es eine gemeinsame Anstrengung vieler Beteiligter: "Ich rege an, dass wir in Niedersachsen unsere Anstrengungen steigern und das Angebot für diesen Personenkreis vergrößern." Dafür brauche es die Unterstützung der Kommunen und des Landes Niedersachsen. "Es gibt einige gesetzliche Regelungen, die ein angemessenes Angebot schwierig machen", so der Caritas-Fachmann. "Wir brauchen zum Beispiel bessere Regelungen für den Moment, in dem ein Betroffener 18 wird." Aktuell ändert sich dann die gesetzliche Grundlage. Damit ist hoher bürokratischer Aufwand verbunden.
Zudem ist eine entsprechende Finanzierung nötig. "Ich weiß, dass das in Zeiten knapper Kassen ein schwieriges Thema ist," unterstreicht Johannes Buß. "Aber erstens kostet der Ausbau des Maßregelvollzugs auch eine Menge Geld. Und, was noch viel wichtiger ist: Frühzeitige Hilfe kann viel Leid verhindern. Ich bin mir sicher, dass Kommunen, Land und Freie Wohlfahrtspflege gemeinsam viel erreichen können."
Die Frage, wie viele Menschen in Niedersachsen betroffen sind, ist laut Buß schwierig zu beantworten: "Wenn jemand schwer psychisch erkrankt, wird das meines Wissens nicht sofort statistisch erfasst. Es geht bei dieser Frage auch um die Definition, welches genaue Verhalten unter die Diagnose fallen soll." Eine Expertenkommission des Landes Nordrhein-Westfalen geht davon aus, dass ca. 20 - 25% aller Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung besonders herausforderndes Verhalten zeigt. Die Caritas geht davon aus, dass in Niedersachsen einige hunderte Personen betroffen sind.
Die Caritas in Niedersachsen vertritt den Caritasverband für die Diözese Hildesheim e.V, den Caritasverband für die Diözese Osnabrück e.V. und den Landescaritasverband für Oldenburg e.V.