„Der größte Pflegedienst Niedersachsens braucht dringend Hilfe“
Deutscher Caritasverband / Harald Oppitz, KNA
Pflegende Angehörige sind der größte Pflegedienst in Niedersachsen. 78 Prozent der pflegebedürftigen Menschen in Niedersachsen werden in ihrem Zuhause gepflegt. Zum "Tag der pflegenden Angehörigen" am 06.10.2024 fordert die Caritas in Niedersachsen erneut eine stärkere Unterstützung der pflegenden Angehörigen für ihre herausfordernde Tätigkeit. Aus Sicht der Caritas in Niedersachsen braucht es drei wesentliche Maßnahmen zur Unterstützung von pflegenden Angehörigen:
1. Stärkung der Beratungs- und Unterstützungsangebote vor Ort
Aus Sicht der Caritas in Niedersachsen braucht es vor Ort in den Kommunen und Landkreisen eine umfassende und verlässliche ortsnahe Beratungsstruktur für pflegende Angehörige. Die Leistungen der kommunalen Pflegestützpunkte in Niedersachsen müssen weiter gestärkt und ausgebaut werden. Dazu könnten auch an den Tagesablauf pflegender Angehöriger angepasste Beratungszeiten beitragen. Es braucht aber vor allem ortsnahe und niederschwellige Beratungssettings. Hier bieten die ambulanten Pflegedienste eine flächendeckende und wertvolle Ressource und sind schon jetzt oftmals erste Ansprechpartner*innen für die pflegenden Angehörigen. Um diese wichtige Aufgabe umsetzen zu können, braucht es aber entsprechende Ressourcen und finanzielle und personelle Rahmenbedingungen.
2. Absicherung pflegender Angehöriger
Eine aktuelle Studie aus dem Jahr 2024 der AOK belegt, dass die Belastungen der pflegenden Angehörigen deutlich steigen. Pflege ist weiterhin weiblich und führt dazu, dass aufgrund steigender Pflegeleistungen nur 46 % der pflegenden Angehörigen in Vollzeit arbeiten können. Gleichzeitig steigen die finanziellen Belastungen der pflegenden Angehörigen an.
Eine Folge ist, dass Pflegebedürftige Leistungen der ambulanten Pflege oder eine Tagespflege einschränken, um mehr Pflegegeld zu erhalten oder zusätzliche Ausgaben zu vermeiden. Damit steigt jedoch die physische und psychische Belastung der unmittelbaren Bezugspersonen und führt auf Dauer zu einem Zusammenbruch des familialen Systems.
Pflegende Angehörige verzichten häufig auf eine eigene berufliche Tätigkeit und vermindern damit ihre Beitragszahlungen in die Gesetzliche Rentenversicherung. Die Folge: "Es wird finanziell eng. Altersarmut wegen fehlender Rentenzeiten ist bei vielen Pflegenden eine echte Bedrohung. Deshalb braucht es ein besseres System, um die Angehörigenpflege auch in Bezug auf die Rente finanziell abzusichern.
Es werden Unterstützungssysteme benötigt, die es pflegenden Angehörigen bzw. Pflegebedürftigen ermöglichen, den Lebensunterhalt unabhängig von der Höhe des ausgezahlten Pflegegeldes zu bestreiten.
3. Stärkung von Betreuungs- und Entlastungmaßnahmen für pflegende Angehörige
Pflegende Angehörige sind angewiesen auf strukturelle Betreuungs- und Entlastungsleistungen vor Ort. Es braucht verlässliche soziale Infrastrukturen, die am Tag und in der Nacht für die zu Pflegenden da sind und dadurch zu einer deutlichen Entlastung beitragen können. Die Caritas in Niedersachsen fordert daher den Ausbau der Förderung der Kurzzeitpflege, eine auskömmliche Refinanzierung und eine Erhöhung der Platzzahl. Außerdem benötigt es eine stabile Finanzierung der Tagespflege sowie eine Stärkung der ambulanten Pflegedienste.
Für pflegende Angehörige braucht es außerdem zielgruppenorientierte Kur- und Erholungsangebote, die gleichzeitig die Betreuung der pflegebedürftigen Menschen sicherstellen. Für pflegende Angehörige braucht es weiterentwickelte Regeln für Freistellung und Lohnersatz. Hierzu braucht es aus Sicht der Caritas in Niedersachsen eine deutlich bessere Kommunikation und Information der Angehörigen zu ihren Leistungsansprüchen.
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Zentrale Daten und Fakten:
- Pflegende Angehörigen sind der größte Pflegedienst der Nation. In Niedersachsen pflegen.
- Ende 2021 galten in Niedersachsen 542.904 Menschen als pflegebedürftig im Rahmen des elften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XI - Soziale Pflegeversicherung).
- Über 350,000 (78 %) von ihnen werden zu Hause von ihren Angehörigen versorgt.
- Zwei Drittel der pflegenden Angehörigen sind im erwerbsfähigen Alter.
- Es besteht nach wie vor eine große Rentenlücke für pflegende Angehörige.
- Dringend erforderlich sind der Erhalt und Ausbau pflegerischer Infrastruktur, vor allem im häuslichen Bereich und die Gewährleistung von Versorgungssicherheit