Pflegepolitische Positionen
Keine Pflege ohne Mitarbeitende
Der Personalmangel ist inzwischen zur größten Herausforderung für die Sicherstellung einer guten, qualitativ hochwertigen pflegerischen Versorgung geworden. Daher muss alles getan werden, damit der Pflegeberuf attraktiver gemacht wird und die Pflegekräfte diesen Beruf auch lange ausüben (können). Das Gleiche gilt für weitere Berufsfelder, z.B. die Hauswirtschaft, in den ambulanten, teil- und vollstationären Pflegeeinrichtungen sowie in den neuen Wohnformen.
Hierzu gehören:
- eine gute Ausbildung: Die Caritas hat stets in die Gewinnung und Ausbildung von Pflegekräften investiert und ist auch bereit, dies weiter zu tun. Die Herausforderungen, die mit der Pflege-berufereform verbunden sind, können jedoch nur bewältigt werden, wenn die Beteilig-ten angemessen unterstützt, zügig offene Fragen geklärt und entsprechende Ressourcen vom Land und den Kostenträgern zur Verfügung gestellt werden.
- eine gute Bezahlung: Für die Caritas ist dies eine Selbstverständlichkeit; die Mitarbeitenden in unseren Einrichtungen verdienen deutlich über dem Landesdurchschnitt. Hinzu kommen die Altersversorgung und weitere Vergünstigungen. Es ist an der Zeit, dass auch die übrigen Anbieter hier nachziehen.
- gute Arbeitsbedingungen: Im Kern heißt dies: mehr Zeit für die eigentliche Pflege und eine verlässliche Dienstplanung. Dazu sind die Abkehr von der "Rennpflege" in der ambulanten Pflege sowie die Entbürokratisierung erforderlich. Die Anhebung der Personalschlüssel in der stationären Pflege ist nun in der Praxis umzusetzen.
- ein gutes Image: Noch immer wird eher über Probleme und Mängel in der Pflege gesprochen als darüber, dass es sich um eine wichtige und erfüllende Tätigkeit handelt. Die Mitarbeitenden in den Pflegeeinrichtungen verdienen alle öffentliche Wertschätzung und Anerkennung.
Die Refinanzierung als Basis
Damit die Einrichtungen in die Lage versetzt werden, die oben genannten Punkte auch zu gewährleisten, braucht es eine umfassende Refinanzierung aller Bereiche, insbesondere die Anerkennung der tariflichen Bezahlung sowie sämtlicher Personalkosten in allen Leistungsbereichen.
Konkret:
- In der ambulanten Pflege kann weiterhin keine auskömmliche Refinanzierung verhandelt werden, da es bis dato keine Einigung über die Grundlagen einer Kostenkalkulation gibt; dies muss sich ändern. Gleiches gilt für die Tagespflege.
- Auch die Wegezeiten der ambulanten Pflegekräfte sind bezahlte Arbeitszeiten, daher ist eine weitere Anhebung der Wegepauschalen im SGB V wie im SGB XI erforderlich.
- Die gesetzlich verankerte Anerkennung der tariflichen Bezahlung in der Häuslichen Krankenpflege muss in den Verhandlungen umgesetzt werden. Die Umsetzung der Anerkennung der tariflichen Bezahlung in allen Dienstarten im Bereich des SGB XI - stationär wie ambulant - ist regelmäßig zu evaluieren.
- Die besonderen Anforderungen der Kurzzeitpflege müssen sich endlich in der Vergütung dieses Leistungsbereichs angemessen niederschlagen.
- Die Sätze, die der Berechnung der Investitionsfolgekosten zugrunde liegen, sind den Preisentwicklungen und gestiegenen Anforderungen der letzten Jahre anzupassen.
Beständige Weiterentwicklung der Versorgungssituation
Die Lebenssituationen und die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen sind sehr verschieden; daher muss das Angebotsspektrum die verschiedenen Leistungsbereiche umfassen: von niedrigschwelligen Betreuungsangeboten über Angebote im Betreuten Wohnen, in ambulant versorgten Wohngemeinschaften, in der ambulanten, teil- und vollstationären Pflege.
- Die Leistungskataloge in der ambulanten Pflege sind endlich an das neue Pflege-verständnis anzupassen. Die koordinierende Leistung der Pflegedienste muss angemessene Berücksichtigung finden.
- Unter den aktuellen Rahmenbedingungen müssen die Einrichtungen die Mehrzahl der Anfragen nach Kurzzeitpflege ablehnen - dies geht zulasten der Pflege-bedürftigen und ihrer Angehörigen. Eine Anpassung ist hier überfällig.
- Je nach regionalem Bedarf ist auch das Angebot an Tagespflege sowie von ambulant betreuten Wohnformen weiterhin auszubauen.
- Die vollstationären Einrichtungen müssen die Chance erhalten, sich ebenfalls weiterzuentwickeln. Hierzu gehört auch eine Flexibilisierung hinsichtlich der Frage, welche Berufsgruppen als Fachkräfte anerkannt und wie diese eingesetzt werden (können), auch im Rahmen von Gesamtversorgungsverträgen.
- Viele Menschen verbringen ihre letzte Lebensphase in Pflegeeinrichtungen und versterben auch dort; die Sterbebegleitung findet weiterhin nur unzureichend Berücksichtigung in der Ausgestaltung und Finanzierung der Regelleistungen.
Um die pflegerische Versorgung angesichts des Personalmangels sicherstellen zu können, bedarf es verbindlicher Planungsinstrumente - auf der Ebene des Landes, aber auch aller Landkreise und Städte. Hierzu sind Anpassungen des Niedersächsischen Pflegegesetzes erforderlich.
Grundlegende Reform der Pflegeversicherung
Ein Großteil der geforderten Maßnahmen kostet Geld. Damit die Kostensteigerungen nicht, wie bislang, zulasten der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen gehen und damit die Anliegen der professionell Pflegenden und der Pflegebedürftigen gegeneinander ausgespielt werden können, ist eine grundlegende Reform der Pflegeversicherung notwendig.
Dies umfasst:
- die volle Refinanzierung der Behandlungspflege in den stationären Einrichtungen aus dem SGB V;
- die Abschaffung des Teilleistungsprinzips der Pflegeversicherung und die Über-führung in eine echte Teilkaskoversicherung mit einem für den Pflegebedürftigen festen Eigenanteil als Sockelbetrag, der durch Pflegesatzanpassungen nicht steigt;
- eine teilweise Finanzierung aus Steuermitteln.