"Endlich werden die Wahlrechtsausschlüsse für Menschen mit Behinderung gestrichen", sagt der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Caritas-Einrichtungen der Behindertenhilfe Niedersachsen (AG CEBN) Dr. Gerhard Tepe. "Wir bedauern jedoch, dass die Reform des Europawahlrechts erst zum 1. Juli und damit nach der aktuellen Europawahl im Mai in Kraft treten soll."
Niedersachsenweit 10.000 Menschen betroffen
Bisher können geistig oder psychisch beeinträchtigte Menschen von Wahlen ausgeschlossen werden. Dies betrifft in Deutschland rund 80.000 Menschen, niedersachsenweit sind es etwa 10.000. Bereits seit drei Jahrzehnten wird über eine Neuregelung des Wahlrechts debattiert. Anfang des Jahres hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Wahlrechtsausschlüsse unrechtmäßig sind.
Der Bundestag hat nun beschlossen eine entsprechende Reform des Bundes- und Europawahlrechts zu erarbeiten, die zum 1. Juli in Kraft treten soll. Auch auf Landesebene haben der Ausschuss für Inneres und Sport sowie der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung mehrheitlich dem Gesetzentwurf zur Abschaffung der Wahlrechtsausschlüsse für Menschen mit Behinderungen zugestimmt. Im nächsten Plenum sollen Ende des Monats die entsprechenden Gesetzesänderungen beschlossen werden.
Allein mit der Abschaffung der Wahlrechtsausschlüsse ist es aber nicht getan: "Es ist uns wichtig, dass Menschen, die Unterstützung bei der Ausübung ihres Wahlrechts benötigen, diese auch erhalten", erläutert Tepe. "Deshalb muss bei den zu beschließenden Gesetzen auf Bundes- und Landesebene auch der Anspruch auf eine Assistenz im Vorfeld und während der Wahl mit geregelt werden." In der UN-Behindertenrechtskonvention seien darüber hinaus klare Vorgaben für eine faire Teilhabe von Menschen mit Behinderung am demokratischen Prozess formuliert: "Der Gesetzgeber muss dafür sorgen, dass Verfahren und Materialien leicht zu verstehen und zu handhaben sind. Ein Blick auf die Gestaltung aktueller Wahlzettel zeigt schnell, dass hier noch viel Verbesserungspotenzial liegt. Daneben sind aber natürlich auch die Parteien gefordert, im Vorfeld der Wahlen in einer leicht zugänglichen Weise zu informieren."