Die Trägerverbände der Pflegedienste von AWO, Caritas, Diakonie und gemeindlicher Sozialstationen haben sich mit den Krankenkassen außerhalb der Schiedsstelle nach § 132a SGB V auf einen Vergleich bezüglich der Vergütung der häuslichen Krankenpflege und der Wegepauschalen für die Jahre 2018 und 2019 sowie der ambulanten Pflege nach dem SGB XI verständigt.
Bei dieser Vereinbarung handelt es sich um einen ersten Schritt, der die Finanzierungssituation der ambulanten Pflegedienste verbessert und unseren Pflegediensten eine kleine Atempause verschafft. Die Situation in der ambulanten Pflege bleibt sehr angespannt, zumal die strukturellen Probleme nicht gelöst sind. Mit der Vereinbarung ist keine umfassende Refinanzierung, insbesondere der Wegepauschalen für unsere Pflegedienste verbunden. Allen beteiligten Akteuren muss bewusst sein, dass es vor diesem Hintergrund weiterhin wichtig ist, die Grundlagen für die zukünftigen Verhandlungen auf der Basis eines Kalkulationsschemas und der Anerkennung der tatsächlichen Kosten zu schaffen.
Die Direktoren der niedersächsischen Caritasverbände, Achim Eng (Caritasverband für die Diözese Hildesheim e.V.), Franz Loth (Caritasverband für die Diözese Osnabrück e.V.) und Dr. Gerhard Tepe (Landes-Caritasverband für Oldenburg e.V.), erklären: "Mit dem errungenen Vergleich ist lediglich ein erster Schritt in eine richtige Richtung getan."
Franz Loth betont jedoch, dass das grundsätzliche Problem, vor dem die ambulanten Pflegedienste stehen, nicht gelöst sei. "Wir haben seit Jahren damit zu kämpfen, dass die tatsächlichen Kosten unserer Dienste, die in erster Linie aus den tariflichen Vergütungen der Mitarbeitenden bestehen, nicht ausreichend von den Kranken- und Pflegekassen erstattet werden. Das stellt viele unserer Dienste vor große Probleme. Der Vergleich schafft etwas Luft, verändert die Lage aber nicht grundsätzlich. Wir benötigen eine andere Form der Refinanzierung, damit die Arbeit der ambulanten Pflegedienste auch langfristig gesichert ist." Loth weiter: "Alle Verantwortlichen müssen sich dabei vor Augen führen, dass es in erster Linie um die Versorgung von pflegebedürftigen Menschen in ihrem Zuhause geht, deren Zahl in den nächsten Jahren weiter steigen wird."
Worum geht es?
Die ambulanten Pflegedienste stehen seit langem vor einer schwierigen Situation. Die Kranken- und Pflegekassen vergüten die Arbeit der Pflegedienste häufig nicht angemessen. Bei den Streitfragen geht es vor allem um die sogenannten Wegepauschalen, also das Geld, dass die Pflegedienste für die Fahrtwege zu den Pflegebedürftigen bzw. Patienten erhalten.
Hinsichtlich der Wegepauschalen erhalten die Pflegedienste in Niedersachsen durchschnittlich eine Vergütung, die die Kosten einer Fahrt von rund 3 Minuten deckt. Im Durchschnitt dauert jede Fahrt von Tür zu Tür jedoch 6 Minuten. In ländlichen Regionen sind Fahrtstrecken wesentlich länger; in Städten können selbst bei kurzen Strecken das Warten an Ampeln und die Suche nach einem Parkplatz erhebliche Zeit in Anspruch nehmen.
Weiterhin geht es unter anderem um die Frage, ob tarifliche Vergütungen, wie sie zum Beispiel die Caritas ihren Mitarbeitern zahlt, von den Kranken- und Pflegekassen so refinanziert werden, wie es das Gesetz vorsieht.
Wenn Verhandlungen zwischen Pflegediensten bzw. ihren Trägern und den Pflegekassen zu keinem Ergebnis führen, kann jede der beiden Seiten die Schiedsstelle nach § 76 Sozialgesetzbuch (SGB) XI anrufen. Dieses Gremium tagt unter der Leitung eines Vorsitzenden und ist zwei unparteiischen Mitgliedern sowie mit Vertretern der Kostenträgern und der Träger besetzt und trifft eine Entscheidung, die für alle Beteiligten am Verfahren bindend ist.
In den vergangenen Wochen hat die Schiedsstelle nach dem SGB XI zweimal getagt und Verfahren zu strittigen Verhandlungen einzelner Pflegediensten behandelt.
Im Bereich der Häuslichen Krankenpflege gibt es keine Schiedsstelle, vielmehr kann hier eine Schiedsperson nach § 132a SGB V angerufen werden. Diese entscheidet allein über die streitig gestellten Punkte. Am 2. April fand ein Schiedsverfahren über die Vergütung für die Häusliche Krankenpflege der Pflegedienste, die den Verbänden der AWO, der Caritas, der Diakonie und der Arbeitsgemeinschaft gemeindlicher Sozialstationen angehören, statt, an diesem waren die Krankenkassen und die genannten Verbände beteiligt. Auf dieser Grundlage wurde im Nachgang ein Vergleich bezüglich der Vergütung der häuslichen Krankenpflege und der Wegepauschalen für die Jahre 2018 und 2019 sowie der ambulanten Pflege nach dem SGB XI geschlossen.
Unter dem Dach der drei niedersächsischen Caritasverbände arbeiten 50 ambulante Pflegedienste mit rund 2.500 Mitarbeitenden. Im vergangenen Jahr wurden rund 15.000 Menschen versorgt.